Einige Pferde haben das große Glück, über die Sommermonate den ganzen Tag lang auf einer großen Weide und in einer Herde leben zu können. Im besten Fall mit Hecken, Bäumen oder einem geräumigen Unterstand zum Unterstellen bei Regen oder praller Sonne, mit einer guten Gräserzusammensetzung, ein paar Hügeln, einer pferdegerechten Tränke und vielleicht noch ein paar Ecken mit anderen Untergründen.
Leider sind diese Anforderungen selten so perfekt gegeben und einige Pferdetypen kommen mit dieser Haltung einfach nicht zurecht. Die Gräser, die auf einer Weide heutzutage noch am meisten wachsen, sind durch die Landwirtschaft der vergangenen Jahrzehnte immer noch für die Rinderhaltung gedacht. Viel Energie in Form von leichtverdaulichen Kohlenhydraten bringt eine gute Wachstums- oder Milchleistung der Rinder.
Alles schön und gut, aber Pferde brauchen eine rohfaser-, eiweiß- und mineralstoffreiche, aber zucker- und energiearme Gräser- und Kräuterzusammensetzung, um sich davon gesund ernähren zu können. Gerade leichtfuttrigen, übergewichtigen oder auch stoffwechselerkrankten Pferden tun diese Hochleistungswiesen nicht gut.
Gar keine Weide für empfindliche Pferde?
Um auch bei unpassenden Gräserbeständen diesen empfindlichen Pferden eine Zeit zusammen mit der Herde zu ermöglichen, gibt es nun einige Ansätze.
Der Verzicht auf den Weidegang, aber trotzdem ein Leben in einer Gruppe voll Gleichgesinnter und genügend Platz in Form eines Aktivstalls oder Paddocktrails
Die Verkürzung der Weidezeit, um wenigstens ein stundenweises, uneingeschränktes Herdenleben auf der Koppel zu ermöglichen
Dazu einmal die Vor- und Nachteile vom begrenzten zum uneingeschränkten oder auch Weidegang mit Fressbremse
Kürzere Fressdauer
uneingeschränkte Kommunikation mit den Artgenossen (Mimik)
freie Bewegung in der Herde
keine Verletzungsgefahr
Aufwuchslänge prinzipiell egal
keine Scheuerstellen oder Vermehrte Schneidezahnabnutzung
tatsächlich mehr Grasaufnahme als erwartet
oftmals hastigeres Fressen und Stress
weniger Sozialverhalten
Gefahr bei schlechtem Management erhöht an Hufrehe o. Ä. zu erkranken
Kürzere Fressdauer gleich weniger Grasaufnahme?
Das Pferd kann sich also grundsätzlich mit seinen Herdenmitgliedern normal und natürlich verhalten, aber tut es das auch?
Pferde haben schnell verstanden, dass sie nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung haben, um bei ihrem Weidegang möglichst viel Gras aufzunehmen. In einer Studie aus Amerika wurden folgende Zahlen ermittelt. Bei einer 24/7 Weidehaltung fressen die Pferde ca. 0,35 kg Trockenmasse pro Stunde, das heißt sie dösen, schlafen, spielen und kraulen sich zwischendurch und knabbern mal hier und mal da am Gras.
Verkürzt man die Zeit nun auf neun Stunden, so fressen die Pferde ungefähr 0,6 kg TM pro Stunde. Sie fressen mehr an einer Stelle, kauen weniger und rupfen etwas hastiger einen Halm nach dem anderen ab. Fellpflege und sonstiges Verhalten bekommt etwas weniger Aufmerksamkeit.
Darf ein Pferd als nächstes nur drei Stunden auf die Koppel, nimmt es bis zu einemKilogramm pro Stunde auf und kann sehr gestresst sein. Das Herdenleben steht dabei im Hintergrund und viel bewegen wird es sich in der kurzen Zeit auch nicht unbedingt.
Natürliche Fressperioden
Bei freiem Zugang zu Grundfutter und ohne Hungerstoffwechselerkrankungen, fressen Pferde normalerweise um die 14 Stunden pro Tag und zwar in Etappen. Diese Fressperioden sind individuell für jedes Pferd und liegen ungefähr zwischen 30 und 120 Minuten. Dann hört es auf zu Fressen und widmet sich Ruhepausen oder dem Spiel mit Artgenossen und Ähnlichem.
Wird die Aufnahmezeit nun verkürzt, dann verändert sich meistens auch der Fressrhythmus und es gibt weniger Pausen.
Im Allgemeinen stimmt es also, dass ein Pferd in weniger Stunden nicht so viel Gras aufnimmt, wie in 24 Stunden Weidezeit pro Tag. Aber die meisten sind dabei gestresster und stopfen mehr Menge pro Stunde in sich hinein. Dadurch ist die tatsächlich aufgenommene Grasmenge letztendlich doch wieder größer als man denkt und kann zu einem Energieüberschuss in der Ration führen.
Auch Probleme im Dickdarm können dadurch ausgelöst und Erkrankungen, wie Hufrehe, begünstigt werden. Das sollte beim Weidemanagement immer im Hinterkopf behalten werden.
Ist der Gräserbestand sehr gut an die Bedürfnisse der Pferde angepasst, hochgewachsen und überständig, dann ist dem Risiko schon etwas entgegengewirkt. Es gibt allerdings Zeiten und Wetterzustände, an denen die Zuckerwerte in Form von Fruktan(Erfahre mehr über Fruktan) sehr hoch sind. Diese Zeiten sollten bei beschränktem Weidegang berücksichtigt werden.
Bei Pferden, die abspecken sollen, vor erkrankt sind oder die empfindlich auf die Zuckermengen reagieren könnten, sollte genau überlegt werden, ob der Weidegang wirklich notwendig ist. Während des Abspeckens, bei Behandlung einer Stoffwechselerkrankung oder auch für immer, ist eine Laufhaltung in einer Gruppe mit Pferden, die die gleichen Bedürfnisse haben und sehr wenig Gras von überständigen Portionsweiden oder auch nur Heu, Stroh und Äste als Grundfutter zur Verfügung haben, eine gute Alternative. So können die Pferde auch ohne Weidegang ein gesundes entspanntes Leben führen.
Natürlich ist auch bei der Heufütterung hinsichtlich empfindlicher Pferde einiges zu beachten. Das lest ihr dann im nächsten Blogpost.
Quellen:
Effect of restricted pasture access on pasture dry matter intake rate, dietary energy intake and fecal pH in horses, Emily C. Glunk MS, Shannon E. Pratt-Phillips PhD, Paul D. Siciliano PhD in Journal of Equine Veterinary Science, 2012
https://www.horseanalytics.com/wp-content/uploads/2021/01/horses-1150017_1920-e1630056943327.jpg12801920Kim Pethahnhttps://www.horseanalytics.com/wp-content/uploads/2022/11/39-39.pngKim Pethahn2021-01-08 12:06:352021-11-12 09:09:17Weidezeit beschränken- Sinn oder Unsinn?