Diagnose EMS – Was bedeutet das für Pferd und Besitzer?

Was ist das und woran erkenne ich es?

Das Equine Metabolische Syndrom, kurz EMS, ist eine Ansammlung von Symptomen aus verschiedenen Stoffwechselstörungen. Dazu gehören massives Übergewicht, Insulinresistenz und die daraus folgende Hufrehe oder ihre Vorstufen. Auch Störungen im Fettstoffwechsel, Bluthochdruck, veränderter Reproduktionszyklus und eine erhöhte Konzentration an Entzündungsmarkern u.V.m. kann beobachtet werden.

Typische sichtbare Symptome sind:

Ein Pferd mit EMS mit dem typischen Fett am Mähnenkamm
© Nadine Pauls Fotografie

Diagnostiziert wird EMS anhand dieser typischen Symptome in Verbindung mit einem Bluttest über das EMS-Profil, in dem Blutfett, Blutzucker und Insulin untersucht werden.

Wie entsteht EMS?

EMS entsteht dadurch, dass über lange Zeit die gefütterte Energie nicht durch die tägliche Bewegung verbraucht wird. Es bilden sich daraufhin Fettpolster aus der überschüssigen Energie. Fettgewebe hat neben der Energiespeicherfunktion auch eine erhebliche Stoffwechselaktivität. Bei fortgeschrittenem Übergewicht werden entzündungsfördernde Botenstoffe (bestimmte Zytokine, Hormone..) gebildet, die Appetit, Sättigung, den Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel, die Blutdruckregulation und vor allem die Insulinregulation negativ beeinflussen. Insulin ist ein Hormon, welches die Aufnahme von Zucker aus dem Blut in die Zellen regelt. Eine Resistenz führt dazu, dass die Wirkung auf die Zellen herabgesetzt wird und eine viel größere Menge an Insulin produziert werden muss. Diese entwickelt sich also aus der übermäßigen Fettmasse und führt zu weiteren erkennbaren Symptomen, wie häufiges Trinken und Wasserlassen. Allein aufgrund der hohen Insulingehalte im Blut, kann es nun zur Hufrehe kommen.

Was ist nun zu tun?

Die Erkrankung ist nicht unumkehrbar, denn man kann das Pferd durch den richtigen Umgang mit der Diagnose symptomfrei halten und ein normales Pferdeleben ermöglichen. 
Gesund Abspecken ist das A und O, denn nur so schwinden die Fettpolster und es werden Muskeln aufgebaut. Bewegung, Bewegung, Bewegung… und zwar täglich!

Neben einer angepassten Fütterung ist das Bewegungsmanagement extrem wichtig, um den vorhandenen Blutzucker zu verarbeiten und Fett abzubauen. Damit ist nicht ein sinnloses hin und her Scheuchen auf dem Platz gemeint, sondern ein dem Trainingszustand des Pferdes angepasstes (Intervall-)Training. Dabei sollte der Puls beachtet und im aeroben Bereich (die Muskeln können ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden und eine Übersäuerung wird verhindert) trainiert werden, damit die Fettdepots effektiv schwinden.

Achtung!

Maximal sollte das Pferd ein Prozent seiner Körpermasse pro Woche verlieren. Wird zu schnell abgenommen, durch Bewegung oder radikalen Futterentzug, kann es zur Hyperlipämie (Fettstoffwechselstörung), Nierenschwäche oder Herzmuskel-Verfettung kommen. Eingespeicherte Stoffe im Fett werden spontan frei und belasten den Organismus zusätzlich.

Bewegung aller Art fördert auch die Durchblutung, was eine weitere Unterstützung des Organismus ist und auch durch Massagen, Lymphdrainage, aber auch Kräuter (Weißdorn, Weidenrinde) bewirkt werden kann.

Wie füttert man EMS-Pferde richtig?

Ziel:

Ist das Pferd irgendwann gut aufgemuskelt und sportlich, kann es auch ganz normal ernährt werden.

Darf ein EMS-Pferd auf die Weide?

Ob das Pferd auf die Weide darf oder nicht, wird viel diskutiert. Man muss sich bewusst sein, dass im durchschnittlichen Weidegras eine nicht unerhebliche Menge an Zuckern, wie das allseits bekannte Fruktan, vorhanden sind. Abhängig von Jahreszeit, Aufwuchs und weiteren Faktoren, müssen gerade bei EMS-Pferden Maßnahmen getroffen werden, da deren Organismus sowieso schon belastet ist. Möglichkeiten sind Futterbremsen, verkürzte  Weidezeiten oder nur auf hochgewachsene überständige Flächen zu stellen, natürlich in Kombination mit viel Bewegung. Alternativ setzt man den Fokus erstmal auf die Gewichtsreduktion und richtige Fütterung, bis das Pferd wieder auf die Wiese darf.

Vor allem das An- und Abweiden hat es in diesem Kontext in sich, da zu diesen Zeiten am meisten Zucker (z.B. Fruktan) im Gras zu finden ist. Genau deshalb wollen wir dir einen einfachen Überblick zum tagesaktuellen Fruktangehalt und dem damit verbundenen Risiko (weitere Verfettung und Hufrehe) geben. Dazu verwende einfach unsere neue HorseAnalytics Health App (coming soon!) mit der Fruktanrisikoanzeige. Sie zeigt dir für deine Region jeden Tag das Fruktanrisiko für den Weidegang an. Außerdem kannst du die Weidezeit und das Risiko beim Grasen in den vergangenen Tagen überwachen.

Neben Bewegung, Fütterung und anderen Anwendungen ist schlicht und einfach auch die Haltung ein wichtiger Faktor. Ein EMS-Pferd (wie eigentlich jedes Pferd) gehört natürlich nicht 20 Stunden in eine Box, sondern im besten Fall in eine Haltung mit vielen Bewegungsanreizen, wie gut gestaltete Aktivställe oder Padocktrails.

Quellen:
„Das Equine Metabolische Syndrom“ In: Wiener Tierärztliche Monatsschrift, S. Wlaschitz (2007)
„Management des metabolischen Syndroms beim Pferd“ In: 2.Huftagung der DHG e.V. für Tierärzte und Hufbearbeiter in Leipzig, I. Vervuert (2008a)„Pferdefütterung“ M.Coenen, I. Vervuert (2020)
„Diagnose Hufrehe“ K. Rasch (2019)
„Purzel speckt ab“ C. Röhm (2014)
„Die Stoffwechselstrategie“ THP M. Schwaller-Barina, Dr. med. vet. E. Koeppl
www.dr-susanne-weyrauch.de